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Andreas Reinberger, Leiter der 3sat-Präsentationsredaktion,
im Interview mit Tristan Thielmann.  Berlin, den 1. Mai 2003

Wieso verleihen Sie 3sat zum 1. Juni ein neues On-Air-Design?

Wir haben eigentlich mehr oder weniger in einem 4-Jahresrhythmus das Erscheinungsbild renoviert. 1993 hatten wir die große Logoumstellung, als die ARD als vierter Sender hinzukam. Mit Einführung der Kulturzeit erfolgte 1995 die Positionierung als Kultursender. Da 1999 die letzte Designanpassung erfolgte und die neue 3sat-Leitung unter Gottfried Langenstein den Sender stärker pushen will, war in diesem Jahr ein Redesign erforderlich.
Die weiße Phase, die uns einzigartig gemacht hat und eigentlich sehr gut zur Kultur passt, war etwas zu kühl und nicht kuschelig genug. Insbesondere das alte Farbklima mit dem neben Weiß verwendeten Rot, Grün und Blau war doch sehr grell und knallig. Wir sind daher so mutig und sagen, es gibt nur noch eine Hausfarbe in den zwei Varianten Rot und Dunkelrot. Das macht 3sat anheimelnder.
Auch eine Markenanalyse, die von Studenten der FH-Mainz am Institut für Mediengestaltung durchgeführt wurde, ergab, dass 3sat am besten mit der Farbe Rot funktioniert.

Aber die Farbe Rot ist doch schon von TV-Sendern wie ProSieben und Arte besetzt.

Nur weil andere Sender ebenfalls Rot verwenden, ist dies für uns kein Grund, eine andere Farbwahl zu treffen. Unser neues Design soll schließlich keine Revolution, sondern eine Weiterentwicklung sein. So arbeiten wir in unseren neuen Senderkennungen mit Charakterköpfen, die 3sat ein Gesicht geben sollen, obwohl auf diese Idee auch schon viele andere Sender gekommen sind. Aber in der Umsetzung haben wir etwas besonderes parat.
Die Frankfurter Agentur Filmstyler, die die Senderkennungen für uns produziert, arbeitet mit einer besonderen Aufnahmetechnik. Unter Verwendung eines Motion-Control-Dollys, mit dem sich die Kamerabrennweite und -fahrt elektronisch aufeinander abstimmen lassen, gleitet die Kamera nach hinten und zoomt zugleich nach vorne, so dass sich beide Bewegungen gegeneinander aufheben.
Die im Vordergrund stehenden Charakterköpfe bleiben dadurch unverändert stehen, während sich der Hintergrund vom Zuschauer wegbewegt. Auf diese Weise entsteht der Eindruck, dass sich die Gesichter auf einen zu bewegen. Ähnlich wie in Hitchcocks Vertigo erzeugen die Bilder damit einen Sogeffekt, der die Zuschauer sprichwörtlich in das 3sat-Programm ziehen soll. Die Kennungen sollen aber keinen Schwindel erzeugen, sondern fast unbewusst wirken.

Dies ist ein schönes, auch filmhistorisch interessantes Alleinstellungsmerkmal. Das elegant und sehr aufgeräumt wirkende Design nimmt sich hingegen sehr zurück. Gab es keine Bestrebungen, hier mehr zu wagen?

Das 3sat-Design sollte nicht wie Arte verkünstelt und exaltiert wirken. Hier wollen wir bewusst einen Kontrapunkt setzen. Arte hat schließlich auch den großen Vorteil, die Vor- und Abspänne der Sendungen neu gestalten zu können. 3sat hingegen hat nur an den Programmschnittstellen die Möglichkeit, den Sender zu präsentieren. Daher ist auf allen Elementen, egal ob Senderkennungen, Trailern, Programmtafeln, Buchhinweisen etc., das 3sat-Logo permanent vertreten. Und damit der Programmfluss wie eine Einheit wirkt, haben wir die Programmpräsentationselemente, statt mit Schwarz-, durch Rotblenden miteinander verzahnt.
Das neue Logo passt jetzt auch besser in die öffentlich-rechtliche Senderfamilie. Dadurch, dass die Dritten auf die 3 in ihrem Logo verzichtet haben, nutzen wir die freigewordene Positionierungslücke.
Mit der Hervorhebung der "3" statt dem "sat" hoffen wir, den dritten Platz hinter der ARD und dem ZDF einzunehmen, die beide die "1" und "2" als Wort-Bild-Marke in ihr Logo integriert haben.

Damit dürfte die Verwechslungsgefahr mit Sat.1 wohl endlich der Vergangenheit angehören .

Genau. Das neue Logo ist perspektivisch so angelegt, dass wir den Wortzug "sat" ganz weglassen können. Da die "3" jetzt von einem Quadrat umrahmt wird, sind die 4 für das Programm verantwortlichen Sender der 3 Länder Deutschland, Österreich und Schweiz jetzt optimal repräsentiert. Durch das symbolisierte "3 in 4" erfüllt das neue Logo eine wichtige Anforderung von Intendantenseite, zumal die zuvor eingesetzten 4 Punkte selbst von den 3sat-Mitarbeitern nicht verstanden wurden.
Zudem hatten wir bei dem alten Logo durch die Unterlänge in der horizontalen Punktlinie oft Probleme mit der grafischen Darstellung. Wollte man das Logo kleiner machen, fielen die vier Punkte weg. Das ist jetzt anders.

Ja, dadurch wirkt das Logo kompakter und der Programmauftritt edler. Ist dies vielleicht schon ein Hinweis auf die zukünftige Entwicklung des Senders?

Das neue Design ist der erste Schritt im Hinblick auf die im nächsten Jahr zu erwartende Programmreform. Das Erscheinungsbild hat eine Vorreiterrolle und wird poe a poe auch die Redakteure, die oft nicht einsehen, warum sie am Vorspann oder Setdesign etwas ändern sollen, dazu bewegen, sich am neuen Look zu orientieren. Das ZDF- und NDR-Redesign sind hier beispielgebend. Leid tut es mir bloß um die riesige Leuchtschrift auf dem Mainzer Sendegebäude. Wir haben sie erst vor zwei Jahren mit einem Kran auf das Gebäude gehieft. Das steht uns jetzt wieder bevor.

 




12.05.03 tt@udk-berlin.de